2004/1
Nik:
Nach einem knappen Jahr zuhause in Österreich packte ich nun wieder meine sieben Sachen und machte mich auf den Weg zur grünen Insel. Diesmal quartierte ich mich in einem Schwestern-Wohnheim ein, dass Holger, ein guter Freund und hiesiger Rettungsfahrer, für mich arrangierte. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft auf dieser kleinen Insel überstiegen auch dieses Jahr all meine Erwartungen. Zum Beispiel hätte ich ohne die Rundumverpflegung von Hückis Familie bei weitem nicht so lange bleiben und möglicherweise auch nicht so viel erreichen können.
Björn:
Im Sommer 2004 kam Nik mit einem neuen, extra für Ihn gefertigten Sitz, was für uns natürlich neue Arbeit bedeutete. Der neue Sitz musste auf das CARVED von Dirk, was sich durch den Flex des Wakeboards gar nicht so einfach bewerkstelligen ließ. Holger, ein guter Freund und Surfer, bastelte einen Adapter für Sitz und Board und (nach zuviel Zeit) ging es dann wieder ins Wasser. Der Kampf mit den Einstellungen begann von Neuem und so reihten sich neben kleine Erfolge auch viele Misserfolge.
Hücki:
Juni ´04
Nik kam und hatte viel Euphorie, Freude, 4 Wochen Urlaub und einen neuen Sitz im Gepäck.
Ein neuer Sitz!! Sein eigener zwar und eigentlich nach seinen Maßen angefertigt aber natürlich passte er vorne und hinten nicht, und schon gar nicht in der Mitte. Also fingen wir mit Einstellung, Trimm und Basteln wieder von vorne an. Björns Vater hat eine Strebe umgesetzt, um die Einstellmöglichkeiten zu vergrößern, Holger hat die Adaption zwischen Sitz und Board aus einem sehr dicken Stück Holzbrett gehobelt und Nik hat, meistens laut fluchend, alles zusammen, wieder auseinander und letztendlich wieder zusammen gebaut, bis es passte. Als Board nahmen wir diesmal mein Board, ein Wakestyle-Board von Carved, weil es so gut wie kein Volumen hat, und da im Vorjahr wenig noch zu viel war, schien es uns gut geeignet zu sein.
Erster Test mal wieder hinter dem Boot... missglückt.
Alles wider abschrauben und umsetzen. Und fluchen nicht vergessen, näh Nik? Das ging so lange bis Alles funktionierte, auf jeden Fall hinter dem Boot.
Nebenbei zeigten wir Nik auch den umgebauten Buggy, konstruierten noch ein Barsystem für Handlekites, damit er auch eine Hand zum lenken frei hat und versicherten ihm, dass das nicht das Ende unserer Bemühungen war und dass Kitesurfen 100%ig das erklärte Ziel bleibt (er dachte, wir wollten ihn mit Rädern abspeisen, wo eine Gleitfläche hingehört). Nach einiger Zeit des Rumrennens im Watt unsererseits und einigen Flugversuchen seinerseits hatte er den Bogen raus und war damit der erste buggyfahrende Querschnittgelähmte mindestens in Deutschland.
Björn:
Das Buggykiten war für Nik ein spitzen Training, nach kürzester Zeit fuhr er Strecke und die Halsen waren auch kein Problem. Der Spaß und der Dreck standen ihm GUT zu Gesicht.
Nik:
Natürlich hatten auch meine beiden „Untertanen“ einige Überraschungen parat, hier wäre vor allem ein speziell für Rollstuhlfahrer umgebauter Kitebuggy zu erwähnen, dem ein Hauptteil unserer Erfolge am Wasser zuzuschreiben ist. Auch die drei Softkites, die uns dankbarer weise von Flysurfer zur Verfügung gestellt wurden, sind nicht mein Verdienst.
Jedenfalls wurde es mal Zeit, ein anderes, ein kleineres Board auszuprobieren, um das seitliche Umkippen zu verhindern. Nach einigen Problemen bei der Sitzmontage und einer abwechslungsreichen Zeit aus Hochs und Tiefs, kam es ausgerechnet bei einem der unmotiviertesten Versuche zum Knaller: Ein bisschen Starthilfe, und es war so weit, auf Raumschot bretterte ich Richtung Strand unterstützt von Dirk Gekreische, dass ich nur während meiner Schreipausen – manchmal muss auch ich Luft holen – wahrnehmen konnte.
Erst als ich eine Halse versuchte, um nicht auf dem Strand zu landen, war Schluss. Während mein Helferlein versuchte wieder aufzuschließen, nutze ich die Zeit und probierte in meiner Euphorie gleich noch einen Start, und was soll ich sagen, er funktionierte! Allerdings kam ich danach nicht mehr allzu weit.
Trotz einiger guter Versuche, die folgten, konnte ich in diesem Sommer den frischen Rekord nicht mehr brechen.
Hücki:
Die 4 Wochen zogen so dahin und auf dem Wasser ging es nicht so recht voran. Scheinbar war alles korrekt, aber irgendwie klappte es nicht, bis auf einmal, an einem ganz normalem Tag mit gut 4 Bft. und einem total unmotivierten Nik (an dem Tag musste ich ihn aufs Wasser treten und war zu allem Überfluss auch ausnahmsweise ohne Björn unterwegs) der Knoten platzte. Ich hielt Nik im Wasser stehend fest und richtete ihn aus, er hielt den Kite, einen FS Maniac 7,0 im Zenit, baute Druck auf, ich brachte ihn auf Kurs... und er fuhr. Ein leichter Raumwindkurs und immer auf den Strand zu. Nach etwa hundert Metern hab ich erst gecheckt was da passierte. Nik fuhr und das Wasser wurde immer flacher. ER FUHR und der Strand kam immer näher. ER FUHR und er schrie sich vor Freude die Lunge aus dem Leib, was ich immer hörte, wenn ich bei meinem eigenen Geschrei Luft holen musste. Als es nicht mehr weiter Richtung Land ging, fiel er ab. Das sah aus meiner Perspektive auf jeden Fall so aus. Er versuchte tatsächlich eine Halse, kippte dabei aber um und lag nun im flachen Wasser, den Kite immer noch über sich. Ich machte mich sofort auf die Socken um ihn zu erreichen, aber er war weit gekommen. Vielleicht 300 oder 400 Meter? Bevor ich wieder bei ihm war, hatte er sich bereits neu sortiert, ausgerichtet und seine ersten Solostartversuche hinter sich. Ich hatte ihn fast erreicht, da klappte einer und ich blieb baff im Wasser stehen. Diesmal kam er aber nicht so weit, nur ca. 20 Meter zum Glück, schließlich war er rauswärts unterwegs.
Dieser Erfolg krönte unsere Bemühungen und war Entschädigung für all das durchs Wasser Gerenne und den Frust bei Fehlversuchen. Erst später an diesem Tag kam die Information tatsächlich in unseren Gehirnen an: Unser Freund Nik ist der erste rollstuhlfahrende Kiter auf der ganzen Welt. Die 4 Wochen waren um, aber Nik wollte versuchen, noch einmal im September vorbei zu kommen.
Björn:
An einem für mich strandfreien Tag, ging Dirk mit Nik bei super Bedingungen ins Wasser und was soll ich sagen: ich durfte mir diesen absolut geilen Ritt von Nik abends auf Video anschauen, es war überwältigend. Es zeigte sich wieder, das sich die Arbeit lohnt, auch wenn man persönlich diesen Augenblick nicht miterlebt hat.
Trotz Euphorie und viel Schweiß konnten wir diesen Höhepunkt in diesem Sommer nicht wiederholen.
Fazit: Der Depower-Weg war zu lang und das Ausrichten des Boards war immer noch zu anstrengend für Nik.
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